Niemals allein! Zum Haftantritt von Nico – Artikel in der Roten Hilfe Zeitung 4/24

Am 12. August 2024 trat Nico seine Haftstrafe in der JVA Ulm an. Er wurde nach einer Kundgebung vor dem Knast von knapp 200 Begleiter:innen
verabschiedet. Anschließend, als alle wieder weg waren, verlegte man Nico
ohne Ankündigung und ohne Angabe von Gründen kurzerhand in die JVA
Heimsheim, wo er derzeit seine Haftstrafe absitzt. Mit dieser Aktion sollte
der Gefangene offensichtlich verunsichert und die Solidarität geschwächt
werden. Es passte den Repressionsbehörden des bürgerlichen Staates nicht  in den Kram, dass Nico seine Haftstrafe selbstbewusst antrat und mit  einer ganzen Menge Begleiter:innen zu seinem Hafttermin erschien. Doch der Versuch ging fehl: Nico wurde in derselben Nacht noch mit Feuerwerk vor den Gefängnismauern der JVA Heimsheim gegrüßt und bekommt derzeit so viel Gefangenenpost, dass er mit dem Beantworten einzelner Briefe gar nicht mehr hinterherkommt.

Die Schikanen des Unterdrückungsapparates gehen weiter. Anfangs konnte
Nico in der Anstalt noch all seine Sachen behalten, die er mitbrachte. Bis man sich entschied unter anderem seine persönliche Kleidung auszusortieren. Es wurden ihm Socken entwendet, Bücher, Zeitschriften und man übergibt ihm seine Tageszeitung nicht. Auch eine Adressliste, mit persönlichen Daten von Freund:innen und Genoss:innen für die Besuchserlaubnis, wurde konfisziert. Die Gefangenenpost wird ihm ebenfalls teils vorenthalten. Je nachdem wie die Beamten gerade eben so gelaunt sind, so scheint es. Der bürgerliche Staat versucht dem Genossen mit einer Sonderbehandlung die Haftzeit
so unangenehm wie nur möglich zu gestalten und unter anderem auf bürokratischem Wege alles zu erschweren, indem er willkürlich Besuchsanträge für Nico ablehnt. Was dem Gefangenen zusteht
muss er sich erst erkämpfen.

All das sind für politische sowie soziale Gefangene keine neuen Methoden,
um Druck zu erzeugen und Nerven zu zermürben. Die Vorgänge reihen sich ein
in eine Tradition der Gefängnisse und Repressionsorgane, die seit jeher System hat. Hinter den Gittern laufen die bürokratischen Mühlen noch langsamer als in bürgerlicher Freiheit und das macht man sich
auch hier in der JVA Heimsheim zunutze, um die Gefangenen zu brechen oder indirekt zu erpressen, damit sie ihre politische Identität aufgeben. Wo eine Armee an Psychologen daran gearbeitet hat Gefangene zu brechen, passiert in diesem Konstrukt der Züchtigung und Bestrafung nichts aus Zufall, oder weil einzelne Beamte zu unfähig sind ihre Tätigkeit im Repressionsapparat ordnungsgemäß zu verrichten. Es sind direkte Versuche dessen, Gefangene
dazu zu bringen ihrer politischen Identität abzuschwören, sowie Unterstützer:innen mit denen sie den Knastkampf Schulter an Schulter führen, zu verraten. Hier soll auch kein Einzelner bestraft werden, sondern eine ganze Bewegung, die sich eines nachts gegen rassistische Polizeikontrollen auflehnte und aufbegehrte.
Ein Stachel im Arsch des Systems der Klassenunterschiede, der ihnen lästig ist, soll hier entfernt werden. Auch in der JVA Heimsheim werden schließlich keine Besitzenden aus der oberen Mittelschicht bestraft, sondern eben fast ausschließlich die untere Schicht der Gesellschaft. Immer wieder zeigt sich, dass man diese Gefangenen mit erpresserischen Mitteln dazu bringen will einzulenken. Nico hat sich bewusst dazu entschlossen seine Haftstrafe anzutreten, um dort den politischen Kampf weiterzuführen und in die Tradition von vielen Genoss:innen zu treten, die in den letzten Jahrzehnten den  Knastkampf schon geführt haben.

Das passt den Repressionsorganen nicht und so versuchen sie jetzt den Genossen mit unterschwelligen, offenen und allen möglichen Mitteln zu schikanieren. Als Nico nachts das Begrüßungsfeuerwerk vor seinem Fenster in Heimsheim sah, wusste er, dass seine Unterstützer:innen über seine Verlegung Bescheid wissen, wissen wo er ist und was passiert war. Das
hat ihm Kraft und Zuversicht gegeben. Zwei Monate nach seinem Haftantritt fasst Nico in einem Brief an die Bewegung die ersten Haftwochen zusammen: „Ich spüre die Solidarität. Das Feuerwerk und die ganzen Briefe, die ich bekommen habe, die ich leider gar nicht alle beantworten konnte. Und was mich zusätzlich stützt sind all die Leute, die ich über die Jahre kennengelernt habe und auf die ich mich freue, sie hoffentlich in 3 Jahren wieder zu
sehen und Seite an Seite durch dick und dünn zu gehen.“

Bundesweite gibt es unterschiedlichste Solidaritätsinitiativen für den Genossen. So tauchen auch immer wieder Solibilder aus der ganzen BRD für ihn auf, und aus Wut auf diesen Staat und seine Methoden wurden auch schon verschiedene Knäste oder andere bürgerliche Institutionen der Repression markiert. Die Solidarität schweißt uns als kämpfende Bewegung von unten zusammen und lässt ein anderes Verhältnis zu politischen Gefangenen entstehen, auch über politische Differenzen hinweg.

Zeigen wir Nico weiterhin, dass wir als kämpfende Bewegung Solidarität
praktisch werden lassen: Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Nico
Rote Hilfe OG Stuttgart
Böblinger Straße 105
70199 Stuttgart

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